PolySafe 2

© MPA Stuttgart
LOCA-Druckbehälter (offen) zur Unfallsimulation
© Fraunhofer IZFP
Vorhersage des realen Alters (Klassen) mit Konfusionsmatrix (99 %)

Obwohl die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke (KKW) in Deutschland erfolgt ist, bleibt es hinsichtlich des Betriebs und der damit einhergehenden Laufzeitverlängerung auf 60 Jahre in den umliegenden europäischen Staaten auch für Deutschland wichtig, den Zustand von kerntechnischen Anlagen beurteilen und das Werkstoffverhalten einschätzen zu können. Dies gilt unabhängig vom Werkstoff für alle Komponenten des KKW. Neben dem Reaktordruckbehälter und den Kühlwasserleitungen gilt dies insbesondere für die verbauten Kabel, die u. a. zur Aufrechterhaltung der Energieversorgung sowie zum Betrieb von Sensorik benötigt werden.

In der durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) geförderten Projektreihe »PolySafe« wird die Alterung von Kabelisolierungen betrachtet, wobei speziell die in KKW zum Einsatz kommende Kombination aus den Polymeren EPR und CSPE untersucht wird. Damit beleuchtet PolySafe ein bisher wenig betrachtetes aber hoch relevantes Thema – die Bestimmung und Bewertung betriebsbedingter Veränderungen von Kabelisolationen im Langzeitbetrieb und unter Unfallbedingungen.

Aufgabenstellung/Durchführung

Das Ziel der Ende 2023 gestarteten Projektphase »PolySafe 2« ist die Entwicklung eines praxistauglichen Prüfkonzepts für Kabel kerntechnischer Anlagen. Die Basis für diese Entwicklung stellen die technologischen und methodischen Ansätze der ersten Projektphase PolySafe 1 dar, in der bereits Laboraufbauten für Ultraschall- (US) und Terahertz (THz) - Prüfungen sowie Datenverarbeitungskonzepte erarbeitet wurden. In der aktuellen Projektphase werden diese Konzepte angepasst, sodass ein Einsatz unter Praxisbedingungen möglich wird. Ergänzend dazu kommt in der aktuellen Projektphase ein Verfahren zur Verlustfaktormessung zum Einsatz, welches im Vergleich zur US- und THz-Technik auch äußerlich unzugängliche Stellen einer Kabelstrecke erfasst und diese insofern integral charakterisiert. Im Projekt werden zwölf verschiedene Alterungszustände betrachtet, mit dem Ziel eine möglichst feine Abstufung der Alterungszustände zu erreichen, da dies eine Voraussetzung darstellt für die Entwicklung einer differenzierten Methode zur Restlebensdauerabschätzung. Die Alterung erfolgt thermisch. Zusätzlich wird im Anschluss an die Alterung ein Versuch nach LOCA-Bedingungen (Loss of Coolant Accident) zur Unfallsimulation durchgeführt, da dieser als Voraussetzung für die Zulassung eines Kabels innerhalb eines KKW gilt.

Ergebnisse

In PolySafe 1 wurden US- und THz-Messungen an EPR- und CSPE-Kabelisolationen in unterschiedlichen Alterungszuständen durchgeführt. Die gewonnenen Daten wurden mit Ergebnissen aus Zugversuchen (u. a. Elongation at Break – EaB) mittels maschineller Lernalgorithmen (beispielsweise LDA) korreliert. Der EaB-Wert stellt hierbei die Referenz dar, da es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Alter und einer Verringerung des EaB gibt. Es konnte gezeigt werden, dass die beiden eingesetzten Verfahren eine grundsätzliche Unterscheidung der Alterungszustände ermöglichen.

Vorteile

Die zerstörungsfreie Restlebensdauerbestimmung für im Betrieb befindliche Kabel weist mehrere Vorteile gegenüber der Prüfung von im KKW gelagerten Mitlaufproben auf. Letztere sind bspw. in ihrer Anzahl limitiert und im Zuge der Laufzeitverlängerung ggf. nicht in ausreichender Menge vorhanden. Darüber hinaus unterliegen Kabel aufgrund unterschiedlicher Einsatzorte im KKW unterschiedlichen Belastungen, sodass sie nicht gleichmäßig altern. Eine individuelle Kabelbewertung im laufenden Betrieb ermöglicht eine lokale Betrachtung von Zuständen und dadurch auch das frühzeitige Erkennen von Abweichungen des Alterungsverhaltens, wodurch beispielsweise ein Austausch von Komponenten besser gesteuert werden kann.

PolySafe 2 wird gemeinsam mit der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) bearbeitet.

PolySafe 2 Eckdaten

Verbundvorhaben
Koordination durch Fraunhofer IZFP
Fördergeber: BMWi (GRS)
Laufzeit: 9/2023 bis 2/2027
Gesamtfördersumme: ca. 690 000 €