Presseinformation

Forscher wollen die Überprüfung von Verschraubungen mit standardisiertem Ultraschallverfahren sicherer machen

23. Juli 2018

© Fotolia / pichitstocker
Ein Prüfer inspiziert sicherheitskritische Verschraubungen auf einer Bohrinsel. Wissenschaftler wollen mit einer standardisierten Methode eingebaute Verschraubungen sicherer machen.

Sicherheitskritische Schraubenverbindungen im Bereich der Energiegewinnung, z. B. bei Windrädern, auf Bohrinseln oder in Industrieanlagen, stellen höchste Anforderungen an eine verlässliche und genaue Zustandsüberwachung. Wissenschaftler des Fraunhofer IZFP und des Instituts für Werkstoffkunde (IfW) entwickeln derzeit eine genormte, branchenübergreifende Methode, deren Einsatz die Überprüfung von eingebauten Schrauben wesentlich verbessern soll.

Windanlagen oder Bohrinseln auf hoher See sind extremen Umgebungs-bedingungen durch Stürme, Wellen, salzhaltige Atmosphäre und Salzwasser ausgesetzt. Als Folge davon können sich Verschraubungen im Laufe der Zeit lockern oder brechen. Dies betrifft nicht nur schwere Komponenten wie Rotorblätter, sondern auch leichtere Strukturen, z. B. Leitern, auf denen sich regelmäßig Wartungspersonal bewegt. Beschädigte Schrauben können in jedem Fall eine akute Lebensgefahr bedeuten. Bis heute ist kein standardisiertes, universell einsetzbares Verfahren imstande, eingebaute Schrauben zerstörungsfrei auf ihre Betriebssicherheit zu überprüfen.

Bisher werden die Schrauben aus Sicherheitsgründen entweder frühzeitig ausgetauscht oder nachgezogen. Auch gehen die Wartung oder der Austausch von Schrauben im maritimen Umfeld mit hohen Kosten und großem Zeitaufwand einher: Teure Spezialschiffe mit entsprechendem Wartungspersonal müssen über mehrere Tage hinweg ausrücken. Zudem stellt bei notwendigen Arbeiten unter der Wasseroberfläche jeder Tauchgang ein Risiko für die eingesetzten Industrietaucher dar.

Universell prüfen ohne zeitintensive Kalibrierung und Referenzmessung
Ingenieure und Wissenschaftler des Fraunhofer IZFP in Saarbrücken und des IfW in Darmstadt entwickeln im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Projektes eine aussagekräftige und vielseitig einsetzbare Ultraschallmethode, mit der die Vorspannkraft eingebauter Schrauben ohne vorheriges Kalibrieren überprüft werden soll. Die korrekte Vorspannkraft hält verschraubte Bauteile und Komponenten zusammen und ist somit von wesentlicher Bedeutung in sicherheitskritischen Bereichen. Mit der vorgestellten Methode kann sie direkt und ohne Kenntnis des ursprünglichen Verschraubungszustandes geprüft werden. »Anhand der Geschwindigkeit von zwei Ultraschallwellenarten wollen wir mit einem angepassten Verfahren den genauen Spannungszustand der Schrauben bestimmen. Je langsamer sich die beiden Ultraschallwellenarten durch die Schrauben bewegen, umso höher ist die Vorspannkraft, d. h. Veränderungen der Vorspannkraft können auch noch Jahre nach dem Einbau gemessen werden«, erklärt Michael Becker, projektverantwortlicher Ingenieur am Fraunhofer IZFP. Nach erfolgreicher Entwicklung und Testung soll das Ultraschallverfahren genormt und für einen universellen Einsatz qualifiziert werden. Damit wäre zusammen mit den am Fraunhofer IZFP schon früher für den industriellen Einsatz entwickelten Systemen zur ultraschallgestützten Vorspannkraftermittlung der gesamte Lebenszyklus von Verschraubungen lückenlos überwachbar.

Forschungsergebnisse für die Wirtschaft nutzbar machen
An dem Forschungsvorhaben sind neben dem Fraunhofer IZFP (federführend) und dem IfW auch mehrere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beteiligt, die großes wirtschaftliches Interesse an einer standardisierten, branchenübergreifenden Verfahrensentwicklung haben. Von der Innovation werden insbesondere KMU aus den Bereichen Anlagenbau, Überwachung und Instandhaltung, Prüfgeräteherstellung und Schraubenauslegung profitieren.

 

Projektsteckbrief

  • Durchführende Forschungsstellen:
    Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP, Saarbrücken (federführend)
    Institut für Werkstoffkunde (IfW) der TU Darmstadt
  • Projektbeginn: März 2018 Laufzeit: 2,5 Jahre
  • Gesamtfördersumme: ca. 500.000 Euro
  • AiF-Forschungsprojekt / Zuwendungsgeber BMWi
    Unter dem Dach der AiF-Forschungsvereinigungen werden neue Technologien aufbereitet, um die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen zu erhalten und zu stärken.
  • IGF-Projekt: 19671